Die Gleis-Überhöhung
Die Gleis-Überhöhung bei der Grossbahn
In der Geraden liegen beide Schienenstränge gleich hoch. In den Kurven dagegen soll der äussere Strang relativ zum Inneren überhöht werden, um der Wirkung der Fliehkraft zu begegnen. Diese Überhöhung Ü wird zu gleichen Teilen durch Hebung des äusseren und Senkung des inneren Stranges erreicht.
Ü ist eine Funktion des Krümmungsradius des Geleises und der Fahrgeschwindigkeit.
Bei der grossen Bahn rechnen die Ingenieure auch nach einer empirischen Formel: Ü = (8 V²)/R, worin V die grösste Zuggeschwindigkeit in km/h und R den Kurvenradius in Metern bedeuten. Die Überhöhung erhält man in Millimetern. Dabei wurde der Höchstwert für Normalspurbahnen auf 150 mm festgelegt.
Die vertiefteren Berechnungen der Ingenieure beziehen weitere Parameter mit ein, wie minimalste Zugsgeschwindigkeit, Gravitationsbeschleunigung usw.
Alle diese Daten sind für unsere Modellbahn-Verhältnisse nicht relevant und können vernachlässigt werden. Deshalb reicht für unsere Zwecke diese empirische Formel vollauf.
Überhöhung = (8x Streckengeschwindigkeit²) /Gleisradius
Die Gleis-Überhöhung auf der Modellbahn
Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass eine Gleis-Überhöhung auf der Modellbahn, mindestens unterhalb der Spur 0, für eine gute Funktion keineswegs erforderlich ist.Entscheiden wir uns aber trotzdem, aus visuellen Gründen für eine Gleis-Überhöhung, dann haben wir bei der Berechnung mit obiger Formel ein Problem:
Unsere Radien entsprechen im Nenn-Massstab in keiner Weise der Wirklichkeit.
Ich habe für mich dieses Problem über die folgende Überlegung gelöst:
Der minimalste Radius auf der Gotthardbahn beträgt 300 Meter. Wenn ich diese Grösse in die Relation zu meinem kleinsten Radius setze, dann erhalte ich eine Verhältniszahl, die ich in die entsprechenden Formeln mit einrechnen kann.
Dabei gehe ich davon aus, dass die Grösse der Radien auch auf der Modellbahn im sichtbaren Bereich ein gewisses Mass nicht unterschreiten sollte.
Diese Grenze liegt für mich bei 70 cm
(Auf meiner jetzigen Anlage sind alle Radien grösser als 100 cm.)
, weil darunter der seitliche Überhang und damit der Gleisabstand eine Grösse annehmen, die modellmässig nur noch schlecht zu kaschieren sind.
Die Formel lautet somit:
- Radius GB = 300 m
- kleinster Radius Modellbahn = 70 cm
- entspricht einem Verhältnis von 1 : 4,9
- oder anders herum: 70 cm x 87 x 4,9 = 300 m
Daraus ergeben sich in Bezug auf die Modellbahn in H0 die folgenden Daten:
| Berechnung der Daten am Gleisbogen | |
| Eingaben: | |
| Nenngrösse | H0 |
| Radius inneres Gleis in cm | 70 cm |
| Vmax-Strecke in km/h | 80 km/h |
| Allgemeine Vorgaben: | |
| Nenn-Massstab | 87 |
| Kleinster Radius in cm | 70 cm |
| Verhältnis Modell - Vorbild: | 49 |
| Der angegebene Radius von | 70 cm |
| entspricht einem Radius von | 300 m |
| Berechnung der Überhöhung | |
| Maximal zulässige Überhöhung | 1.7 mm |
| Berechnete Ü im Nenn-Masstab | 2.0 mm |
| Vorschlag kleinster Radius | 80 cm |
| Vorschlag grösste Vmax | 75 km/h |
| Berechnung der Vmax-Strecke nach NEM 114 bei Radius n | |
| Vorgabe: | |
| Maximal zulässige Überhöhung | 1.7 mm beim Vorbild |
| Maximale Überhöhung nach NEM 114 | 1.0 mm bei Spur H0 |
| gewählter Modellbahn-Radius | 70 cm |
| entspricht Vorbildradius | 300 m |
| ergibt nach NEM Vmax Strecke | 57 km/h |
| Notwendiger Minimal-Radius nach NEM bei Vmax n | |
| Berechneter minimalster Radius | 137 cm |
| entspricht Vorbildradius | 589 m |
Wie wir aus der obigen Liste ersehen können, ergibt sich mit der NEM 114 eine Friktion.
Das Vorbild hat eine andere Maximal-Vorgabe für die Überhöhung als die NEM.
Da wir es auf der Modellbahn mit anderen physikalischen Kräften zu tun haben, als die Grossbahn, empfehle ich, die Werte für den errechneten minimalen Radius oder die errechnete Vmax einen Mittelwert zu übernehmen.
Welche der beiden Grössen man verwenden will, ist eine Frage der eigenen Entscheidung.
Wesentliche Kriterien sind dabei sicher auch die Nenngrösse und wie der Unterbau beschaffen ist.
Bei grossen Spuren, einem stabilen Unterbau und hervorragend verlegten Gleisen kann durchaus eine Annäherung an die Empfehlung des Vorbildradius erfolgen.
Bei der Benutzung der Maximal-Vorgabe der Grossbahn sollten die effektiven Werte für Ü keinesfalls aufgerundet werden. Es ist immer eine Anpassung nach unten vorzunehmen.
Um die Berechnung zu erleichtern, habe ich ein Excel-File zum Herunterladen bereitgestellt, das diese Arbeit übernimmt.
Es sind lediglich die drei Angaben: gewünschte Nenngrösse, Radius des inneren Gleises und die Vmax-Strecke einzutragen.