3D-Druck
die neue Möglichkeit für den Selbstbau
Seitdem auch qualitativ hochstehende 3D-Drucker zu erschwinglichen Preisen zu kaufen sind, ergeben sich für uns Modellbauer/Modellbahner neue, enorme Möglichkeiten, individuelle Teile selbst herzustellen.
Vor allem aber ermöglicht dies deren Herstellung in gleicher Ausführung und Qualität in unbegrenzter Zahl.
3D – Etwas für Spezialisten?
In Gesprächen äussern viele Kollegen, dass sie sich wegen ihres Respekts vor der Erstellung von CAD-Zeichnungen für eigene Modelle aus dem 3D-Drucker nicht an dieses Thema herantrauen. Sie denken dabei an komplexe professionelle dreidimensionale CAD-Zeichnungen. Diese können tatsächlich furchteinflössend sein, geben aber ein völlig falsches Bild. Denn sie entsprechen nicht dem, was der Modellbahner meistens benötigt.
Wir müssen ja nicht gleich mit der Konstruktion komplexer Teile beginnen, sondern sollten uns erst an kleinen aber zweckmässigen Projekten versuchen. Mit der Erfahrung wächst automatisch die Fähigkeit für Schwierigeres.
Dieser Beitrag soll mithelfen, diese völlig unnötige Angst abzubauen und es mal selbst mit einem kleinen Projekt zu versuchen.
Ein 3D-Ausdruck entsteht im Grunde in 3 Arbeits-Phasen:
- CAD-Zeichnung erstellen CAD = "computer-aided design", (Computer unterstütztes Konstruieren)
- Umwandeln der Zeichnung in druckbare Daten (Slicer-Software)
- Drucken im 3D-Drucker.
Für die beiden ersten Punkte benötigen wir einen Computer und die entsprechende Software. Für den Dritten den Zugang zu einem 3D-Drucker.
Der Computer
Zum Thema PC nur soviel: 3D-Zeichnungen sind rechenintensiv. Mit einem langsamen PC und einer schlechten Grafikkarte und/oder einem kleinen Monitor macht es keinen Spass.
Ein einigermassen leistungsfähiger Office-PC reicht aber für kleine und mittlere Projekte allemal. Allenfalls benötigen bestimmte Vorgänge längere Rechenzeit und verhelfen dadurch sogar zu einer willkommenen Kaffeepause, oder zu Planungs- und Recherchezeit für nächste Projekte.
Die Software
Was die CAD-Software angeht habe ich einiges an Programmen zwischen gratis und mittelteuer ausprobiert. Im Internet sind einige sehr gute Gratis CAD-Programme (Suchstichwort "free") zu finden, die sich für unsere Arbeit eignen.
Wer will, kann später immer noch auf eine teurere Software umsteigen. Die Arbeits-Technik bleibt immer dieselbe.
Freecad in YouTube
Suchen nach:
freecad tutorial deutsch
Sehr zu empfehlen sind die Tutorials von Florian (flowwies corner).
Persönlich bin ich schliesslich beim OpenSource-Programm Freecad gelandet. Der Name ist Programm, denn Freecad ist gratis.
Die Software ist zwar noch in Entwicklung, weil aber der Code offen ist, arbeiten sehr viele Nutzer daran und es gibt jede Menge zusätzlicher Hilfsprogramme für aufwändige Aufgaben. "Kost nix – Ist nix!" stimmt hier keinesfalls.
Bezüglich des Slicer-Programms arbeite ich bisher mit Cura. Auch dieses kann man Gratis auf der Homepage von Ultimaker herunterladen. Es ist nicht nur für hauseigene Drucker geeignet.
Der Drucker
Auch ich hatte so meine Bedenken, mir einen 3D-Drucker zuzulegen, ist die Anschaffung eines guten 3D-Druckers doch eine erkleckliche finanzielle Ausgabe.
Will man sich keinen Ärger einhandeln, lohnt es sich nicht, hier zu sparen. Aber einen grossen Betrag auszugeben, wenn es dann doch nichts ist?
Schliesslich habe ich eine Lösung gefunden, welche mir ein Ausprobieren ohne die Anschaffung eines eigenen Druckers ermöglichte.
Im FabLab in Luzern konnte ich nach einem kurzen Einführungskurs meine ersten selbst gezeichneten 3D-Modelle ausdrucken.
Ein FabLab (Fabrikationslabor) ist eine offene Werkstatt mit dem Ziel, Privatpersonen und Gewerbetreibenden den Zugang zu modernen Fertigungsverfahren für Einzelstücke zu ermöglichen.
Per Suchmaschine findet ihr im Internet problemlos das nächstliegende FabLab und seine Kontaktdaten.
So konnte ich erste Erfahrungen dazu sammeln, was machbar ist. Kommt hinzu, dass ich dort mit Michi einen hervorragenden "Lehrmeister" kennengelernt habe, der mir viele gute Tipps mitgegeben hat.
Im FabLab in Luzern stehen verschiedene Drucker der Marke Ultimaker zur Verfügung. Nach meinen positiven Erfahrungen dort, habe ich mich deshalb für den Kauf eines Ultimaker 2+ entschieden.
Eine Komponente ist bei allen Druckern wichtig, die Austrittsdüse. Die Grösse der Düsenöffnung ist entscheidend für die Feinheit des Drucks und die Länge der Druckzeit. Die üblichsten Grössen sind 0,25 mm, 0,4 mm, 0,6 mm, 0,8 mm.
Das Druck-Material
Mit zum Drucker gehört das Druckmaterial, das Filament (Faden).
Dieses ist ein Kunststofffaden in der Dicke von 1,75 mm oder 2,85 mm (3 mm), welcher auf einer Spule aufgerollt ist.
Durch einen Extruder (Förderantrieb) wird das Filament dem Hotend (Heizkopf) im 2-dimensional beweglichen Druckkopf zugeführt, dort eingeschmolzen und über eine Düse Schicht für Schicht auf einer in der Höhe verstellbaren Glasplatte (3. Dimension) zu einem fertigen Objekt aufgebaut.
Die für uns wichtigsten Filamente sind:
- PLA Polylactide (Polymilchsäure)
PLA ist eines der am meisten verbreiteten Materialien für 3D-Drucker.
Das liegt vor allem an der verhältnismäßig unkomplizierten Verarbeitung und am günstigen Preis. Zudem kann jeder mit Schmelzschichtung (FDM) arbeitender Drucker damit umgehen, da PLA kein beheiztes Druckbett benötigt.
Das biologisch abbaubare Thermoplast wird nicht aus Erdöl hergestellt, sondern aus erneuerbaren Ressourcen wie Zuckerrohr, Maisstärke oder Kartoffelstärke.
Bei der Verarbeitung entsteht keine Geruchsbildung.
Verglichen mit anderen Filament-Arten sind die Produkte eher spröde, das heißt, sie sind empfindlich gegen Biegen und (Ver-)Drehen bei grösseren Längen.
Für Bauteile, die hohen Temperaturen ausgesetzt sind, ist PLA ebenfalls ungeeignet, da es ab 60°C schmelzen kann (direkte Sonneneinstrahlung).
PLA gibt es in sehr vielen Farben, so dass wir sicher für unsere Modellteile die passende Farbe finden.
Vorteile: einfach zu drucken, in vielen Farben/Stilen erhältlich und biologisch abbaubar
Nachteile: spröde, schlechtere mechanische Eigenschaften, wärmeempfindlich, nicht UV-beständig
- PET(G) Polyethylenterephthalat (und Glycerol)
PET zeichnet sich durch sehr hohe Festigkeit und Steifigkeit aus und ist flexibler als PLA, ABS etc. Der Schmelzpunkt liegt zwischen 220 und 235 Grad Celsius.
Beim Druck entstehen keine Gerüche.
PET benötigt aber mehr Fachwissen bei den Drucker-Einstellungen als PLA, insbesondere ist eine gute Feinabstimmung der Temperatur des Druckbettes und der Düse, sowie bezüglich Filament-Vorschub (Retraction) notwendig.
PET ist ein guter Allrounder, zeichnet sich aber vor allem durch seine Flexibilität, Festigkeit, sowie Temperaturbeständigkeit und Belastbarkeit aus. Diese Eigenschaften machen es zu einem idealen 3D-Drucker-Filament für Gegenstände, wie etwa mechanische Bauteile.
Vorteile: flexibel, haltbar und leicht zu drucken
Nachteile: absorbiert Feuchtigkeit, Oberfläche zerkratzt schnell, benötigt Fachwissen bezüglich Drucker-Einstellungen
Weiter kommen für den Modellbau in Frage:
- ABS Acrylnitril-Butadien-Styrol
Vorteile: widerstandsfähig, hohe Stabilität, lange Haltbarkeit, Temperaturbeständigkeit, elastisch
Nachteile: verzieht stark (Warping), entwickelt gefährliche Dämpfe, benötigt hohe Druckkopf-Temperatur (220 - 250 Grad Celsius), stark unebene Oberflächen benötigen Nachbearbeitung.
- PA Polycaprolactam (Nylon)
Vorteile: hohe Stabilität und Flexibilität, große Haltbarkeit
Nachteile: teuer, absorbiert Feuchtigkeit, hohe Druckkopf- und Druckbett-Temperaturen erforderlich, schrumpft und verformt sich beim Abkühlen
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Fazit
Um beim Druck Problemen aus dem Weg zu gehen, wählen wir PLA. Für erfahrene Anwender kann auch PET(G) in Frage kommen.
Die Nutzung von ABS und Nylon benötigt wegen den giftigen Dämpfen kostspielige Absaugeinrichtungen nach draussen.
Sie bringen im Eisenbahn-Modellbau aus meiner Sicht keine unverzichtbare Vorteile.
Inzwischen wird PLA weiterentwickelt. Es gibt nun auch härtere, weniger spröde Varianten z. B. PLA HS (High Strength). Zur Zeit sind davon noch wenige Farben erhältlich und sie sind teurer. Das wird sich aber sicher bald ändern.